Sonntag, 12. Januar 2020

Endlich Huhn werden!

Zwei Tage vor Weihnachten haben wir wieder zwei Hühner über den Verein Rettet das Huhn übernommen. Dieser Verein vermittelt "ausgediente" Legehennen aus Landwirtschaftsbetrieben an private Hühnerhalter, die diesen Tieren ein artgerechtes Leben ermöglichen. Die Hühner sind zu diesem Zeitpunkt noch keine zwei Jahre alt, haben also den Großteil ihres Lebens noch vor sich. Für Bauern gelten sie aber bereits als unrentabel und werden daher normalerweise getötet.

Der WDR hat neulich ausgerechnet bei der Ausstallung "unserer" Hennen gedreht. Wenn ihr also wissen möchtet, wie so eine Hühnerrettung abläuft, bitte hier entlang.

Natürlich ändert man nicht das Geschäftsmodell von Hühnerfarmen, wenn man dem grausamen System ein paar Hühnchen entzieht. Aber für die geretteten Tiere ändert sich ihre ganze Welt! Es ist sehr beglückend mitzuerleben, wie aus diesen zerfledderten, hungrigen, missbrauchten Tieren in wenigen Monaten voll befiederte, entspannte Hennen werden, die im Sonnenschein scharren und picken.

Frisch angekommen: Silvia und Victoria
Die Hennen haben ihr ganzes Leben zu Tausenden zusammengepfercht in Hallen verbracht - mit künstlichem Licht, auf ihrem eigenen Kot, ohne Beschäftigung oder die Möglichkeit zur artgerechten Gefiederpflege im Sandbad. Und ohne intaktes Sozialleben, das für Hühner immens wichtig ist. Diese Haltungsform heißt Bodenhaltung und ist so erlaubt. Mir ist allerdings schleierhaft, wie ein Bauer auf diese Weise sein Geld verdienen und dabei auch nur eine Nacht ruhig schlafen kann.

Silvia unter der Wämelampe. Die ersten Tage verbringt sie mit Fressen und Schlafen. Sie ist völlig erschöpft, legt aber trotzdem jeden Morgen ein wunderschönes Ei.


Mh, es ist so hell da draußen...


 
Victoria ist mutig und kommt aus dem Stall. Hier sieht zum ersten Mal in ihrem Leben Gras und Tageslicht!

Zwei Wochen später - auch Silvia traut sich längst raus und flitzt über das Grün

Hühner sind Kleingruppentiere. Mit einem Dutzend Kolleginnen (und am besten auch einem Hahn für den Schutz) lässt sich eine stabile Rangordnung herstellen, in der sich die Hennen wohlfühlen und entspannen können. In der Massentierhaltung mit Tausenden von Tieren treffen die Hühner faktisch alle paar Sekunden neue Leute, mit denen sie die Rangordnung klären müssen. Ein hoffnungsloses Unterfangen, das zu Dauerstress und Federpicken führt. Deshalb sehen die Hühner dann so jämmerlich aus.

Nun haben sie es gut. Als erstes röten sich die blassen Kämme, denn die benötigen nur ein bisschen Tageslicht, um richtig schön erdbeerrot zu werden. Nach ein paar Tagen ordentlicher Gefiederpflege verfliegt der üble, irgendwie chemisch-metallische Gestank, mit dem die Hühner gekommen sind. Und wenn man genau hinsieht, erkennt man bald die ersten neuen Federn, deren Kiele sich durch die Haut schieben.

Ein paar Tage später. Die Gruppe findet sich langsam, Victoria wird von der Stammbesatzung bereits akzeptiert.
Silvia: Am Po sprießen die ersten Federn.

Victoria nach zwei Wochen. Sauber und sehr neugierig
Gestern habe ich Vicorias erstes Sandbad mit ihrer neuen Freundlin Beatrix gefilmt. Endlich richtige Gefiederpflege!





In ein paar Wochen zeige ich euch dann, wie sich Silvia und Victoria eingelebt haben.

Wenn euch diese Bilder verstören und ihr etwas unternehmen möchtet, könnt ihr dies tun:

  • Seid ein Teil der Lösung und nicht des Problems: Verzichtet auf Eier aus Bodenhaltung
  • Meidet Lebensmittel, die diese Eier enthalten (Schokoküsse, Kekse, Nudeln, Fertiggerichte). Wenn nicht ausdrücklich Bioeier auf der Packung stehen, könnt ihr euch ziemlich sicher sein, dass die Hühner so gelebt haben wie Silvia und Victoria bisher.
  • Unterstüzt den Verein Rettet das Huhn. Diese Menschen leisten Großartiges, sind super organisiert und arbeiten alle ehrenamtlich.
  • Adoptiert ausgediente Legehennen. Hühnerhaltung lässt sich auch in kleineren Gärten verwirklichen und ist eine der schönsten Seiten des Gärtnerns.
  • Redet über die Bedingungen, unter denen unsere Lebensmittel produziert werden. In der Familie, im Betrieb, einfach überall.
  • Passt beim Wählen auf und unterstützt Parteien, die nicht von den Bauernverbänden korrumpiert sind.

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