Mittwoch, 25. Januar 2012

Das Lob des Aufbewahrens

Den Teilnehmerinnen in meinen Filzkursen rate ich, angeblich "missratene" Werke und Schnippelreste niemals weg zu schmeißen. Es gibt keine misslungenen Sachen, sondern nur Dinge, deren wirkliche Werte im Moment noch nicht erkennbar sind.

Wie wahr das ist, habe ich gerade selbst wieder erlebt:
Vor zwei Jahren hatte ich einen mehrfarbigen Pongeschal gefärbt (Achtung, Werbeblock, diese Seidenschals verkaufe ich hier).
Der Schal bekam irgendwann in dem aufwändigen Färbeprozess kleine hässlich-schwarze Flecken, deren Herkunft rätselhaft bleibt. Diese Fleckchen saßen mittendrauf, so dass es nicht damit getan war, ein Ende der Seide ab zu schneiden.
Also habe ich den Schal erst einmal weggepackt. Später dann habe ich ihn aus der Kiste geholt und die Flecken mit kleinen Filzkreisen zugefilzt. Das sah auch nicht gerade spektakulär aus. Also wanderte der Schal wieder in die Kiste.

Neulich nun wollte ich sowohl prüfen, ob das neue Stück Futterstoff wirklich nicht einfilzt und gleichzeitig die Filzzeit im alten Wäschetrockner der Schwiegereltern testen - ein doppeltes Risiko, für das ich keine wertvollen Materialien opfern wollte. Da fiel mir der "misslungene" Schal ein...
Auf der Seide habe ich ein großes Batt verteilt, das aus lauter pflanzengefärbten Resten bestand, die ich neulich durch die Kardiermaschine genudelt hatte. Damit das Ganze gleichmäßig schrumpfen konnte, kam quer darüber noch eine dünne Schicht hellblauer Reste.

Wie erstaunt war ich, als das Stück nach Wäschetrockner und Kneten endlich fertig geschrumpft war: Ein Traumstoff, der mich sofort anschrie: "Ich bin eine Weste!"
Und nach dem Nähen riefen die abgeschnittenen Kanten: "Nicht wegwerfen - wir sind der Kragen!"

Die Stoffteile haben Recht gehabt, seht mal:

Die neue Weste in der Januarsonne

Eigenartiges Detail am Kragen

Die nächste Frage ist nun, was mit den eingefilzten Punkten geschehen soll, die ja die Flecken verdecken. Ich könnte die Weste mit grünem und blauem Seidengarn besticken und die Punkte in die Stickerei einbinden. Oder die Weste ist fertig und der Sinn der Punkte bleibt mein und euer Geheimnis.
Auch diese Entscheidung hat nun Zeit zu reifen - bis zur zündenden Idee oder der Erkenntnis, dass das Projekt doch fertig ist.

Und was lernen wir aus all dem? Richtig - weggeschmissen wird nicht!

Samstag, 21. Januar 2012

Fertige Projekte

Meist bin ich schlicht zu faul, um alle fertigen Projekte hier im Blog zu zeigen. Viel lieber lese ich gemütlich von all den schönen Sachen, die ihr so treibt... Aber noch wirken die guten Vorsäze für 2012, und einer davon war ein vollständiges "Werkverzeichnis" hier im Blog! Voilá!


Genau 100 g pflanzengefärbtes Tweedgarn mit 25% Seidenanteil (zweifädig verzwirnt, LL 280 m) - diese Spielerei mit meiner wunderbaren Ashford Kardiermaschine musste natürlich sofort verarbeitet werden:


Dann habe ich endlich eine stilvolle Tasche gefilzt und bestickt, damit mein heiß geliebtes "Elektrobuch" keinen Kratzer kriegt:


Ehrensache: Socken für meinen Papa, der geduldig eine ganze Kiste pieksiger Schwarzdornzweige für mich geschreddert hat. Um ihn weiter bei Laune zu halten, musste er natürlich etwas Schönes bekommen, das mit diesen Zweigen gefärbt wurde (Sockenwolle mit Bambus und Seide von Atelier Zitron):


Damit ich bei diesen Socken nicht vor Langeweile vom Sessel gekippt bin, habe ich spontan einen Stern an der Ferse eingestrickt. Das stürzt nun meinen alten Vater in Verwirrung - ein Muster auf der FERSE! Ob er etwa mitten im Winter mit Sandalen herumlaufen soll, damit man die schönen Sockensterne auch sehen kann???


Etwas Training für die Muskeln: Eine schlicht zu filzende, aber mit 60 cm Durchmesser gigantisch große Kundenbestellung aus Bergschaf und Merino ist gestern Abend fertig geworden:


Ach ja, und nach langer Zeit der "Abstinenz" bespiele ich endlich wieder meinen kleinen Kontermarsch-Webstuhl - natürlich mit selbstgefärbtem Kammgarnen (Walnuss und Indigo):


Aber das ist Futter für einen eigenen, ausführlichen Post. Also: Fortsetzung folgt....

Euch allen ein schönes Wochenende,
Britta

Mittwoch, 18. Januar 2012

Es war einmal...

... eine hässliche kleine Uhr. Sie war als Werbegeschenk auf die Welt gekommen, und niemand wollte sie haben. Doch eines Tages öffnete eine Filzerin die Schublade, in der die kleine Uhr schon so lange in der Dunkelheit lag. Die Armbanduhr der Filzerin war nämlich verschwunden. Deshalb holte sie die hässliche kleine Uhr ans Licht, um sie zu tragen, bis ihre alte Uhr wieder aufgetaucht war. Die alte Uhr tauchte jedoch nie wieder auf, und die kleine hässliche Uhr ahnte ihre Chance: Sie gab sich große Mühe und ging immer richtig. Durch ihre Zuverlässigkeit durfte sie tatsächlich bleiben, und über die Hässlichkeit blickte die Trägerin bald hinweg.

Doch dann passierte das Unglück: Das Kunstlederarmband der kleinen Uhr ging kaputt! Sie hatte große Angst, nun endgültig in die dunkle Schublade verbannt zu werden. Aber statttdessen geschah ein Wunder! Die Filzerin häkelte aus wunderschöner selbstgesponnener Wolle ein Armband, das zudem mit Perlen und Mohairgarn verziert wurde. Und mitten hinein wurde die kleine Uhr genäht, die ihr Glück kaum fassen konnte.

Plötzlich wurde sie überall bewundert, und viele Leute waren begeistert über die wunderschöne Uhr:



Aber nun hat die schöne kleine Uhr schon wieder Angst: Die Filzerin will noch mehr Uhrenarmbänder häkeln und billige Uhren darauf nähen. Fortsetzung folgt...