Mittwoch, 27. September 2017

Zwölf Jahre lang…




… war ich nebenberuflich als Filzerin selbstständig. Und das war schön.

Über Dawanda habe ich eigene Entwürfe und ein paar Brotartikel verkauft (zum Beispiel Erdbeertaschen, von denen ich so viele gefilzt habe, dass ich sie jetzt nicht mehr ertragen kann). Vor allem die Kommunikation mit den Käuferinnen der pflanzengefärbten Garne habe ich dabei sehr gemocht – das sind kreative Menschen, die besondere Qualität und schöne Farbkombinationen wirklich genießen können.
Mit Ausstellungen und Kunsthandwerkermärkten dagegen habe ich schon nach ein paar Jahren aufgehört. Zu ernüchternd waren die fruchtlosen Diskussionen mit Leuten, deren Preisvorstellungen anscheinend durch billigen Dekokram aus Industriefilz geprägt wurden.

Hachz - die Auftragsarbeiten! Herausfordernd und immer wieder extrem spannend. Taschen mit diversen Gimmicks, Kinder mit ausgefallenen und sehr detaillierten Wünschen für ihre Hausschuhe, ein Großauftrag für Filzpilze, mit denen ich einen ganzen Wald hätte ausstatten können. Manche Bestellungen waren echt anspruchsvoll umzusetzen und haben mich aus meiner Komfortzone gekegelt.

Und dann war da natürlich die große Liebe: das Kurseleiten. Viele Kurse. Mindestens zweihundert verschiedene Menschen haben bei mir das Filzen gelernt. Kinder auf Geburtstagen, in Kindergärten, Grundschulen und OGS. Erzieher:innen und Lehrer:innen. Menschen in der Psychiatrie, im Altenheim und in Kursräumen. Viele sind immer wieder gekommen und ein bisschen zu Freundinnen geworden. Zusammen haben wir auch ausgefallene Ideen umgesetzt und dabei viel geredet und gelacht. Manchmal sind wir regelrecht in Seifenwasser gewatet. Und in den letzten Wintern bin ich oft mit einem Eimer voll Nunofilz zwischen dem Kursraum und dem Wäschetrockner in meinem Haus hin- und hergeradelt.

Ein ganz besonderes Erlebnis waren natürlich die bunten Wollschlachten bei den jährlichen Färbekursen im Umweltzentrum an der Heerser Mühle. Richtige Farbräusche waren das, mit vielen tollen Frauen, diesen ganz besonderen Düften von Indigo und Krapp und einem sehr nachhaltigen Glücksgefühl. Das wird mir definitiv fehlen, auch wenn ich natürlich weiter mit Pflanzen färben werde.

Nun ist diese Zeit vorbei. Es fühlt sich richtig an.
Im April dieses Jahres habe ich in meinem Brotberuf wieder eine Leitungsfunktion mit viel Personalverantwortung übernommen. Obwohl ich jahrelang beteuert habe, dass diese Lebensphase vorbei sei und ich nie wieder Chef von was auch immer sein wollte. Nach fast einem halben Jahr kann ich nun sagen: Es war die richtige Entscheidung, über den eigenen Schatten zu springen. Der Brotberuf ist auch ein Herzensjob.

Ich mache aber ungern halbe Sachen. Und so bin ich im Juni eines Morgens mit dem klaren Entschluss aufgewacht, mein Gewerbe abzumelden. Keine Kurse mehr, keine Färbeorgien, kein Dawandashop.

Was das langfristig mit mir macht, weiß ich natürlich nicht. Noch fühlt es sich ungewohnt an. Denn Wolle kommt nun nicht mehr in kühlschrankgroßen Kartons bei mir an. Und die Wochenenden im Herbst sind diesmal alle frei.

Aber auch die Schere im Kopf ist weg. Mir war gar nicht klar, dass die überhaupt da war. Doch ich habe wohl auch ganz private Projekte häufig mit dem Hintergedanken umgesetzt, eine neue Technik zu lernen, die ich dann in den Kursen vorstellen konnte. Ich arbeite nun ein wenig experimenteller und mutiger. Da ist Zeit für neue Projekte im Garten, die nichts mit Filz zu tun haben. Und ich nähe wieder.

Bei all den Überlegungen, was bleiben soll und was ich loslassen will, habe ich natürlich auch das Blog wieder in Frage gestellt. Die Entscheidung: Es wird weitergehen. Ganz unregelmäßig und ohne Redaktionsplan. Immer dann, wenn ich etwas Kreatives zu erzählen habe (oder vor lauter Gartenglück platze und mal wieder ein Rudel Fotos hochladen muss). Dann könnt ihr hier etwas lesen. Von euch bekomme ich so viele Inspirationen, freue mich mit euch über eure guten Einfälle und genieße eure schöne Fotos. Dafür bin ich dankbar und möchte auch etwas zurückgeben, manchmal für einen kleinen Anstoß sorgen oder zeigen, was mir geholfen hat.

So ist das. Und es ist gut. 


Danke an Heidi für die besorgten Nachfragen und damit für den Anstoß, diesen Post zu schreiben.