Sonntag, 5. November 2017

Den Jersey bezwingen

Als Grundschülerin habe ich auf Mamas Bernina Puppenkleider genäht, später dann 80er-Jahre-Späthippie-Schlabberröcke und noch später perfekte Business-Blazer mit Kragen und Knopfreihen an den Ärmeln. Inzwischen natürlich mit der eigenen Bernina.
Aber nie nie nie habe ich mich mit Jersey anfreunden können. Die krumpeligen Nähte bei den Spielhosen für meinen Sohn fielen ja nicht so sehr auf, aber ein Versuch mit einer Sarouelhose für mich scheiterte kläglichst. Und danach hatte ich dann Angst vor diesen unberechenbaren dehnbaren Zeugs.

Ihr ahnt es: Als in den letzten Jahren so viele wunderbare Jerseystoffe und die ersten Biojerseys in meiner Blogroll auftauchten, saß ich gierig vor dem Bildschirm und fühlte mich von einer ganzen wunderbaren Welt ausgeschlossen.

Eine Kollegin von mir, die sehr viel näht, hat mir dann in den Mittagspausen Mut gemacht und mich regelrecht gecoacht, bis ich schließlich beschlossen habe: 2017 wird mein Jerseyjahr. Tapfer habe ich Anfang des Jahres die ersten Stoffe gekauft und mutig mit einem ganz einfachen Kleiderschnitt aus diesem Buch losgenäht.

Ähm, das Ergebnis: Ein nettes Nachthemd, aber ganz bestimmt kein Sommerkleid. Dazu waren die Bündchen am Hals zu knubbelig. Dabei hatte es mit den halbwegs glatten Seitennähten doch so gut angefangen... Das Blöde beim Jerseynähen an der Bernina mit der falschen Overlocknaht: Man kriegt diese Naht faktisch nicht wieder aufgetrennt. Also, ICH kriege sie nicht wieder auf, aber vielleicht gibt es da auch einen Trick, den ich nicht kenne.

Decken wir einen Mantel des Schweigens über diese Ausschnittkante.
Der nächste Versuch: Ein Lupita-T-Shirt in A-Linie, um meinWechseljahrebäuchlein dekorativ zu bedecken. Ergebnis: Ein für mich erschreckend offenherziger Ausschnitt! Oder liegt das nur an der dominanten Bündchenfarbe? Egal, damit traue ich mich nicht ins Büro und habe ein feines Schlafshirt. Immerhin ist diesmal alles gerade und ordentlich  :-)


Beim nächsten Test habe ich den Halsausschnitt ein bisschen kleiner gemacht und den Reststoff des wunderbaren C.Pauli Bio-Interlock "Elfentanz" zugeschnitten: Tschakka!


 Diesmal hat alles geklappt. So langsam bekomme ich Routine. Seit ich zudem angefangen habe, ganz schmale Streifen Soluvlies zuzuschneiden und beim Nähen mitzuführen, werden die Nähte auch mit der ganz normalen Nähmaschine ganz ordentlich. Meistens jedenfalls.

Nix zu meckern bei dieser Ausschnitteinfassung!
Nun fühlte ich mich gewappnet, um das Thema Sommerkleid noch einmal anzugehen. Der Schnitt war klar, denn Lupita passt mir perfekt. Der Fischstoff musste dran glauben. Yeah!



Ich liebe mein Fischkleid! Schnitt perfekt, (einen Zentimeter verkleinerter) Ausschnitt perfekt, Länge super, besser geht es nicht.
Je nach Temperatur mit Jeans, Leggins oder mit nackten Beinen. Mit einem T.Shirt drunter, bei herbstlichen Temperaturen langärmelig oder mit Jeansjacke. Geht alles! Kein Kleidungsstück habe ich in den letzten Monaten öfter getragen.
Und der Jersey fällt so gut, dass das Kleid im Urlaub ohne Bügeln nach dem Waschen auskam. Lieblingkleid <3

Fazit: Richtige Freunde sind wir noch nicht geworden, der Jersey und ich. Mein Respekt ist weiterhin groß. Aber ich gewinne Sicherheit und immer mehr Gespür dafür, wie sehr ich den Bündchenstoff beim Annähen dehnen muss und wie ich den Stoff unter das Füßchen schieben muss.
Im Stoffflohmarkt bei Melinoliesl habe ich mich mit den nächsten vier Stoffen eingedeckt. Und nun heißt es Üben! Fortsetzung folgt.